1986 sang die schwedische Rockband „Europe“ vom “The Final Countdown” – das trifft ziemlich den österreichischen Umgang mit der EU-Whistleblower-Richtlinie: In Kraft getreten im Oktober 2019, hatten die Mitgliedsstaaten bis 17. Dezember 2021 Zeit, die EU-Direktive in nationales Recht zu gießen. Leider ist Österreich – neben 23 anderen EU-Ländern – bei der Umsetzung in Verzug geraten. Das hat nicht nur Folgen für Österreich als EU-Mitglied, gegen das ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird, sondern auch für die Unternehmen und Institutionen, die letztlich vom Gesetz betroffen sein werden und denen durch die Säumigkeit des Gesetzgebers die Planungssicherheit genommen wird.
Nun kommt endlich Bewegung in die Sache: Seit Anfang Juni liegt nun endlich der Gesetzesentwurf für die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie vor. Er hört auf den sperrigen Namen „HinweisgeberInnenschutzgesetz“ (HSchG) und befindet sich bis 15. Juli in der Begutachtungsfrist.
Hintergrund
„Whistleblowing“ beschreibt das Aufdecken und Weitergeben von Missständen oder kriminellen Machenschaften durch Insider – Edward Snowden oder Julien Assange sind die bekanntesten Vertreter und verdeutlichen, warum der Schutz von Hinweisgebenden so wichtig ist: Beide sind von enormen Repressalien betroffen und mussten flüchten, um der Inhaftierung zu entgehen. So weit gehen die Reaktionen im herkömmlichen Berufsalltag sicher nicht – Folgen hat ihr Handeln für die Aufdeckenden allemal. Anfeindungen, Versetzung, Mobbing oder gar der Verlust der Arbeitsstelle sind keine Ausnahmen.
Deshalb soll die EU-Richtlinie zum ersten Mal in der Geschichte EU-weit einheitliche Mindeststandards für den Schutz von Hinweisgebenden gewährleisten. Mindeststandards deshalb, weil die Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene zwar strengere Regelungen beschließen können, mindestens aber die Anforderungen der EU-Whistleblower-Richtlinie erfüllen müssen. Der nun vorliegende österreichische Entwurf etwa sieht dem Arbeitsministerium zufolge vor, den Schutz auch auf Meldungen von Rechtsverletzungen in „Lebensbereichen von besonderem öffentlichem Interesse“ auszuweiten. Hier sind mit Blick auf die aktuell stattfindenden parlamentarischen Untersuchungsausschüsse die Themen Korruption und Vergabepraktiken im öffentlichen Bereich relevant.
Praktische Umsetzung
Wie bei allen Neuregelungen ist für das einzelne Unternehmen oder die jeweilige Kommune vor allem die Frage nach der Umsetzung in der Praxis am wichtigsten. Da das Gesetz die Errichtung von Meldestellen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor umfasst, sind beide Bereiche bald unter Zugzwang: So müssen Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten, juristische Personen im öffentlichen Sektor sowie Gemeinden ab 10.000 Einwohnern eine interne Meldestelle schaffen. Nachdem das Gesetz in Kraft getreten ist, muss der Meldekanal binnen sechs Monaten eingerichtet sein. Kleinere Unternehmen mit unter 250 Mitarbeitenden haben eine Übergangsfrist bis Dezember 2023 – bis dahin sind es aber auch nur mehr eineinhalb Jahren, was es sinnvoll macht, sich schon jetzt mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Als Alternative zu einem internen Meldekanal soll auch eine externe, betriebsunabhängige Meldestelle zur Verfügung stehen, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll. Mit Bedachtnahme auf mögliche Image- und Vertrauensverluste oder rechtliche Folgen ist anzunehmen, dass viele Unternehmen lieber eine diskrete, interne Abwicklung der gemeldeten Fälle anstreben werden.
Wie der Meldeprozess in der Praxis abzulaufen hat, lesen Sie in unserem Beitrag zur EU-Whistleblower-Richtlinie. Wenn Sie einen internen Meldekanal in Ihrem Unternehmen oder Ihrer Gemeinde einrichten möchten, können wir Sie unterstützen: Mit i-INFORM haben wir genau den richtigen Pfeil im Köcher, um alle Bestimmungen des neuen Gesetzes treffsicher umzusetzen. Jetzt informieren!